Augenbrauen

04.09.2012

„Früher war das alles besser.“ - Für mich ein Grund jemanden für grundsätzlich blöd zu erklären.
Aber: Augenbrauen!
Ich prangere das an!

Ich mache hiermit Castingsendungen dafür verantwortlich, dass ich mich immer seltener verliebe. Jawohl. Ihr seid alle doof! So. jetz isses raus.

Ich stellte einmal fest, dass mir Augenbrauen wichtig sind. Also echte. Mit Ausdruck. Charakter. Form. Eleganz.
Gibts aber nicht mehr.
Wird alles ausgezupft. Wie Unkraut bekämpft.

Eine Freundin z.B. hat ein wunderhübsches Gesicht. Könnte ich mich verlieben. Aber jedes Mal, wenn ich mit ihr spreche, frage ich mich, in welches Atomkraftwerk sie als kleines Kind wohl reingefallen sein mag und wie lange die Chemotherapie noch weitergeht. Eine gebrechliche gemalte Linie ist dort, wo Haare sein sollten.
Warum machen die Leute das? Krankheit als Schönheitsideal? Mir ist das unbegreiflich.

Ein, für beide Seiten sehr verletzender, Streit mit meiner Exfreundin war, als sie nach Hause kam und sich die Brauen hatte stutzen lassen. Nicht extrem, immer noch natürlich. Vor allem der, für sie typische, Schwung, ein kleiner Ausläufer, eine Spitze am Scheitelpunkt, war begradigt. Übertrieben gesagt wurde aus ihrem Gesicht ein lebloses etwas. (Statt meiner Freundin, war da ein schlecht gemachtes 3D-Modell.) Ein, für mich wichtiges, Element Ihrer Schönheit wurde wegretuschiert. Ein kleines Detail mit großer Wirkung. Und die Dame im Augenbrauenvernichtungsladen konnte es gar nicht fassen, dass meine Freundin das noch nie zuvor gemacht hatte. So verschieden können die Definitionen von Unmensch sein.
Die Situation war nicht schön. Der Fernseher warf meiner Freundin vor, ein behaarter Neandertaler zu sein, ich, dass sie nicht mehr schön sei, dass Charakter und Eleganz nun fehlten. Ich glaube, das hat sie mir nie verziehen.

Originale Augenbrauen sind Ornamente, sind wie mit der Feder gezogene Kalligraphien.
In lieblose Vektorgrafiken kann ich mich einfach nicht verlieben!

Und das prangere ich an!